Datum: 
22.08.2015

Wo ist Allah?

Beantwortet von Mufti Muhammad Ibn Adam

Frage: Wo ist Allah?

Antwort: Die Frage ‚Wo ist Allah?‘ war in keinem Zeitalter Gegenstand von Diskussionen unter den Muslimen. Leider verschwenden gewisse Muslime aufgrund enormer Unwissenheit über unsere Religion ihre wertvolle Zeit, indem sie über belanglose und banale Sachverhalte diskutieren und wichtige Pflichten und Verantwortungen vernachlässigen.

Der Glaube (ʿaqīda), den man hinsichtlich seines Herrn und Schöpfers haben muss, ist, dass Allah der Allmächtige einzig ist, dass Ihm nichts ähnlich ist, dass Ihn nichts überwältigen kann, dass es keinen Gott neben Ihm gibt, dass Er der Ewige ohne Anfang und der Fortwährende ohne Ende ist. Er wird weder sterben noch zu einem Ende kommen und nichts geschieht, außer mit Seinem Willen. Keine Vorstellungskraft kann Ihn erfassen und kein Intellekt kann Ihn ergründen. Er unterscheidet sich von allem, was Er erschaffen hat.

Allah der Erhabene sagt über Sich:

«Nichts ist Ihm gleich.» (asch-Schūrā, 42:11)

Und Er sagt in der Sure al-Ikhlās:

«Und niemand ist Ihm ebenbürtig.» (al-Ikhlāṣ, 112:4)

Aufgrund der oben genannten Verse und anderer Texte aus dem Koran und der Sunna ist eine der grundlegendsten Überzeugungen, die ein Muslim in Bezug auf Allah den Erhabenen haben muss, dass es nichts Erschaffenes gibt, das Ihm ähnlich ist. Wenn man Allah zuschreibt, Seiner Schöpfung gleich oder ähnlich zu sein oder irgendeine Eigenschaft dieser zu haben, so würde das vom Unglauben (kufr) zeugen.

Imam Abū Ḥāmid al-Ghazzālī – möge Allah mit ihm zufrieden sein – sagt:

„Wer denkt, dass Allah einen aus Organen zusammengesetzten Körper hat, der ist ein Götzendiener […]. Wer immer einen Körper anbetet, wird nach Konsens aller früheren (salaf) und der späteren (mutaʼakhkhirūn) Gelehrten als Ungläubiger betrachtet.“ (Ilǧām al-ʿawām ‘an ‘ilm al-kalām, S. 6-8)

Wenn jemand glaubt, dass es absolut nichts gibt, das Allah in irgendeiner Weise ähnelt, dessen Glaube (ʿaqīda) ist korrekt und es gibt keinen Anlass für Diskussionen und Debatten. Ich glaube nicht, dass es einen Muslim gibt, der glaubt, dass Allah in irgendeiner Weise Seinen Geschöpfen ähnlich ist, weshalb Diskussionen und Streitigkeiten darüber vermieden werden müssen.

Wenn jemand glauben sollte, dass Allah Hände, Füße, Gesicht etc. hat, dass Er also Seinen Geschöpfen ähnelt, dann würde diese Person ohne Zweifel die Grenzen des Islam verlassen.

Bezüglich der Frage ‚Wo ist Allah?‘ sollte man sich zunächst in Erinnerung rufen, dass dies nichts ist, worüber man am Jüngsten Tag befragt wird. Wir brauchen Menschen, die viel mehr über die Grundlagen des Islam lernen, als sich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Diejenigen, die darüber diskutieren und destruktiv agieren, sind meistens solche, die nicht einmal die Grundlagen über das Gebet, die Almosenabgabe (zakāt), die Pilgerfahrt (ḥaǧǧ) etc. kennen. Wir müssen wirklich aufwachen und dieser Realität ins Auge blicken!

Des Weiteren ist die Frage an sich falsch gestellt. Denn beispielsweise kann nur bei einer Person, die in Zeit und Raum lebt, nach dem Aufenthaltsort gefragt werden. Ich umfasse zum Beispiel Zeit, d. h. ich lebe in Zeit und ich habe einen Körper, der einen gewissen Raum ausfüllt.

Allah hingegen, der Allmächtige und Majestätische, ist der Schöpfer von Raum und Zeit. Wenn wir Ihn auf eine Zeit oder einen Raum begrenzen, würde das bedeuten, dass wir Ihn mit Seiner Schöpfung gleichstellen, indem wir Ihm einen Körper zuschreiben, denn der Raum hat Grenzen. Wenn jemand sagen würde, dass Allah überall ist, dann wäre das falsch, da ‚überall‘ begrenzt ist und irgendwo endet, während Allah nicht begrenzt ist.

In gleicher Weise ist es falsch, zu sagen, dass Allah sich auf der Erde, im Himmel, auf dem Mond, der Sonne, auf einem Thron o. Ä. befindet, da all diese Dinge begrenzt sind, und Allah mit einer von Ihm erschaffenen Sache zu begrenzen, ist Unglaube (kufr).

Imam aṭ-Ṭaḥāwī – möge Allah sich seiner erbarmen – hält in seiner berühmten al-ʿaqīda aṭ-ṭaḥāwīya fest:

„Allah ist erhaben darüber, begrenzt zu sein oder zu enden, Er ist erhaben über Stützen [die Er benötigen würde], Bestandteile und Hilfsmittel. Die sechs Richtungen umfassen Ihn nicht, wie es bei den Geschöpfen der Fall ist.“ (Seite 9)

Imam an-Nasafī – möge Allah sich seiner erbarmen – sagt:

„Er (Allah) ist weder ein Akzidenz (ʿaraḍ), noch ein Körper (ǧism), noch besteht Er aus Atomen (ǧawhar), noch hat Er eine Gestalt (musauwar); Er ist nicht begrenzt (maḥdūd), nicht zählbar (ma‘dūd), nicht zusammengesetzt, nicht teilbar; Er hat kein Ende, Er wird nicht mit einer Essenz (māhiya) umschrieben, noch mit Modalitäten (kaifiya), Er nimmt keinen Ort (makān); die Zeit (zamān) umfasst Ihn nicht; und nichts entgeht Seinem Wissen und Seiner Macht.“
(siehe Sa‘d ad-Dīn at-Taftāzānī u. Naǧm ad-Dīn an-Nasafī, Scharḥ al-ʿaqāʾid an-Nasafīya, S. 92-97)

Abschließend soll festgehalten werden, dass man den Glauben (ʿaqīda) haben muss, dass Allah erhaben über Raum und Zeit ist. Es ist falsch zu sagen, dass Er überall ist, und es ist falsch zu glauben, dass Er sich über etwas befindet, da all diese Dinge begrenzt sind, wohingegen Allah der Allmächtige unbegrenzt ist. Wir müssen die Überzeugung haben, dass Sein Wissen alles umfasst und dass Er alles weiß, sieht und hört.

Und Allah weiß es am besten.

 

Muhammad Ibn Adam

Darul Iftaa

Leicester, UK

 

Originalquelle: http://seekershub.org/ans-blog/2009/05/28/where-is-allah/

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