Wie kann ich meinen Glauben an das Unsichtbare stärken?
Beantwortet von Schaikh Faraz A. Khan
Frage: Ich bin neu Muslim geworden und bin in einem sehr säkularen Umfeld aufgewachsen. Ich ringe mit manchen Aspekten des al-ghayb: das Unsichtbare, das Unerkennbare, die versteckte Realität.
Ich bin mir bewusst, dass Allah im Koran beschreibt, dass einige Beduinen keinen Iman verinnerlichten, sondern nur den Islam (vgl. al-Ḥuǧurāt, 49:14). Und ich weiß auch, dass Prophet Mūsā Allah sehen wollte, aber ohnmächtig wurde (vgl. al-Aʿrāf, 7:143).
Es gibt Tage, an denen es mir schwer fällt, einen festen Glauben an Allah, die Engel, das Paradies und die Hölle aufrechtzuerhalten, da ich sie nicht sehen kann. Theoretisch und im Prinzip glaube ich zwar daran, aber ohne irgendein unmittelbares Erlebnis erfahren zu haben, fühlen sich diese Dinge auf eine bestimmte Weise trotzdem unrealistisch und imaginär an. Können Sie mir Rat geben, um mir zu helfen, meinen Iman in dieser Hinsicht zu stärken und zu festigen? Welchen praktischen Ratschlag können Sie mir geben?
Antwort: As-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuhu. Ich hoffe, dass dich diese Antwort bei bester Gesundheit und bestem Zustand erreicht.
Die Basis unseres Glaubens an das Unsichtbare (al-ghayb) ist das, was uns Allah und Sein Gesandter – Allah segne ihn und schenke ihm Heil – darüber mitteilten. Wenn wir der festen Überzeugung sind und vollkommene Gewissheit in Allah und das Prophetentum Muḥammads – Allah segne ihn und schenke ihm Heil – haben, ist es nur logisch, dass wir absolute Gewissheit über all das haben, worüber Allah und Sein Gesandter uns unterrichtet haben.
Wir sind nicht dazu bestimmt, die Engel, das Paradies oder die Hölle zu sehen. Vielmehr empfing unser Gesandter Muḥammad – Allah segne ihn und schenke ihm Heil – Offenbarungen über diese Dinge und sah diese tatsächlich. Er war durch und durch eine ehrliche und vertrauenswürdige Person, sowohl vor als auch nach Beginn seines Prophetentums. Deswegen glauben wir mit fester Überzeugung an all das, was er uns überbrachte – so wie der Gefährte Abu Bakr – möge Allah mit ihm zufrieden sein – es tat, der Folgendes entgegnete, als man ihm von der Nachtreise des Gesandten von Mekka nach Jerusalem berichtete: „Wenn er es sagte, so ist es zweifelsohne die Wahrheit.“
Andere wichtige Antworten in diesem Zusammenhang
Für allgemeine Ratschläge zur Festigung des Glaubens empfehle ich folgende Antworten in diesem Zusammenhang. Dort finden sich auch wichtige Literaturempfehlungen, die sich für dich als sehr hilfreich erweisen können:
The Truth of Islam, the Qur’an, & the Prophet Muhammad (Peace and Blessings Be Upon Him)
What Role Should the Intellect Play When Seeking God?
Is Islam Based on Early Sumerian Culture, and Was the Universe Created in Six Days?
Außerdem möchte ich dir ans Herz legen, das Leben unseres Gesandten Muḥammad – Allah segne ihn und schenke ihm Heil – zu studieren und Bücher über seinen Charakter, seine Tugenden und die ihm eigenen Wunder (mu‘ǧiza) zu lesen (siehe oben erwähnte Links).
Hilfreiche Kurse
Du findest auf http://seekershub.org auch eine Reihe an Kursen, die vielleicht hilfreich sind – besonders diejenigen über islamische Spiritualität:
Excellence in Faith & Action (from Ghazali’s 40 Foundations of Religion)
Faith in Divine Unity & Trust in Divine Providence
Principles of Islamic Spirituality
Außerdem empfehle ich dir das Buch Sea Without Shore von Schaikh Nuh Keller.
Dankbarkeit: Die Wunder in unserem Leben erkennen
Abschließend möchte ich noch die Vorzüge von Dankbarkeit als besonderes Mittel zum Erleben von ‚Wundern‘ im persönlichen Leben eines jeden hervorheben. Der große Weise Ibn ‘Aṭāʾillāh sagte einst: „Wer den Wert der Segnungen, die ihm zuteil werden, nicht erkennt, wird ihren Wert gewiss dann erkennen, wenn er sie verliert.“ Wir erhalten unzählige Segnungen, die in unserem spirituellen ‚blinden Fleck‘ untergehen und unserem geistigen Blick verborgen und verkannt bleiben. Doch sobald wir eine Gunst verlieren, vergrößert sich ihr Wert um ein Hundertfaches. Manch einer wusste sein Augenlicht nicht zu schätzen, doch konnte an nichts anderes mehr denken, als er erblindete. Manch einer hielt sein Sprechvermögen für selbstverständlich, bis er wegen eines Gehirntumors verstummte und plötzlich erkannte, dass das Sprechen der größte Segen ist, den man haben kann.
Blinde und Stumme halten Sehende und Sprechende für Könige, die in ihrem unvorstellbarem Segen geradezu ertrinken. Und sollten sie jemals diese Segnungen wieder zurückgewinnen, so sind sie fassungslos, verwirrt und voll Ehrfurcht und Staunen über das, wonach sie sich so lange sehnten. Diejenigen unter uns, denen diese Gaben in Häufe zuteil werden, sollten sie bestaunen, bevor man sie verliert, Gott bewahre! Dies lässt uns erkennen, welche Flut an Wundern wir in jedem einzigen Augenblick unseres Daseins genießen, herabgesandt von Allah, Dem Erhabenen.
«Seht ihr nicht, dass Allah euch das, was in den Himmeln und was auf der Erde ist, dienstbar gemacht hat, und euch mit Seinen Gunsterweisen überhäuft hat – äußerlich und innerlich?» (al-Luqmān, 31:20)
Die Gaben in unserem Leben zu erkennen, ermöglicht es uns, den Erweiser dieser Gaben zu erkennen.
Und Allah weiß es am besten.
Wassalām,
Faraz
Antwort geprüft und genehmigt von Schaikh Faraz Rabbani