Datum: 
17.12.2013

Ein Hadith mutawātir (ununterbrochener Hadith) ist durch eine große Anzahl von Gruppen von einer großen Gruppe von Individuen tradiert, dessen Überlieferungsketten sich mehrfach angrenzen, die wiederum auf den Gesandten Allahs zurückgeführt werden. Zum Beispiel ist die absolute Anzahl der einzelnen Ketten bei jeder Überlieferungsphase zu groß, als dass es möglich wäre, dass sich die Überlieferer hätten absprechen können, um den Hadith zu erfinden.

Ein Hadith wird nur dann als mutawātir klassifiziert, wenn er die folgenden Bedingungen erfüllt:

(1) Er wird von einer solch großen Tradentenmenge überliefert, dass es für sie unter gewöhnlichen Umständen unmöglich wäre, sich für eine Lüge zusammenzuschließen.

(2) Solch eine Anzahl besteht in der Überlieferungskette durchgehend, d. h. vom Anfang bis zum Ende.

(3) Die Tradenten müssen ihre Überlieferungen auf Sinneswahrnehmung stützen, d. h. auf etwas, was gehört oder gesehen wird.

(4) Die Überlieferung erfordert sicheres Wissen für den Zuhörer.[1]

 

Beispiel für einen mutawātir-Hadith

Der Gesandte Allahs – der Friede Allahs sei auf ihm – sagte sinngemäß: „Wer auch immer über mich absichtlich lügt, der soll für sich auf einen Platz im Höllenfeuer vorbereiten.“[2]

Imam an-Nawawī sagt, dass diese Überlieferung von ungefähr 200 Gefährten (ṣaḥāba) tradiert wurde.[3] Der „aḥad-Hadīth[4]” – auch als khabar al-wāḥid bekannt – ist ein Hadith, der nicht die Voraussetzung von mutawātir erreicht. Eine aḥad-Überlieferung kann authentisch (ṣaḥīh), gut (ḥasan) oder schwach (ḍaʿīf) sein. Sie ist ein Hadith, der von sich aus kein sicheres Wissen vermittelt, außer wenn er durch außenstehende oder Indizbeweise unterstützt wird. Gemäß der Mehrheit der vier sunnitischen Rechtsschulen ist es obligatorisch, dass man nach aḥad-Überlieferungen handelt, auch wenn diese Klassifizierung kein sicheres Wissen hervorruft, außer wenn bestimmte Bedingungen gegeben sind.

Was ihre Etablierung bei ʿaqīda-Themen betrifft, so ist die Mehrheit der Gelehrten der Ansicht, dass sie nicht als Grundlage der Glaubenslehre (ʿaqīda) verwendet werden dürfen. Bei Angelegenheiten der Glaubenslehre muss Gewissheit vorhanden sein. Deshalb können Themen, die sich auf den Iman (Überzeugung) und kufr (Unglaube) beziehen, nicht durch aḥad-Überlieferungen bewiesen werden.[5]

Jedoch bezieht sich dies auf Glaubensinhalte, von denen der tatsächliche Iman abhängig ist. Was die aḥad-Überlieferungen betrifft, die sich auf untergeordnete Themen beziehen und nicht essentiell für den Glauben sind, wie die Fürsprache (schafāʿa) etc., so muss man diese akzeptieren und davon überzeugt sein/daran glauben. Wer auch immer sie leugnet, ist ein Frevler (fāsiq), jedoch kein Kafir, da er etwas leugnet, was nicht eindeutig bewiesen ist.[6] Keiner der früheren Gelehrten lehnte irgendeinen Glaubensinhalt ab, der nicht durch einen mutawātir-Hadith gestützt wurde. In der Tat sagt der großartige Hadith-Experte Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī in seiner Erläuterung zu Ṣaḥīḥ al-Bukhārī, dass aḥad-Überlieferungen eine Beweisquelle sind, wenn die Umma (Gemeinde) sie akzeptiert und danach handelt. Danach sind sie Bestand des festen Glaubens.[7]

Viele Glaubensinhalte werden durch aḥad-Überlieferungen dargelegt, dennoch wurden sie nicht von den großartigen Gelehrten dieser Umma abgelehnt. Glaubensinhalte wie die Fürsprache des gesegneten Gesandten Allahs  – der Friede Allahs sei auf ihm, die Beschreibung der Engel, der Dschinn, des Paradieses, der Hölle und andere Inhalte…

Schlussendlich kann nochmals betont werden, dass die ʿaqīda-Themen durch aḥad-Überlieferungen bewiesen werden können und bewiesen worden sind und von der Mehrheit der Umma akzeptiert werden. Ja, die wesentlichen Bestandteile der ʿaqīda, von denen der individuelle Iman abhängig ist, können nicht auf aḥad-Überlieferungen begründet werden. Demzufolge ist es kein kufr, wenn man Glaubensinhalte leugnet, die durch aḥad-Überlieferungen bewiesen sind, sondern eine Sünde.

Und Allah weiß es am besten.

Mufti Muhammad ibn Adam al-Kautharī

Übersetzt von: S. Kavraz

[1] Ibn Ḥaǧar al-ʿAsqalānī, Scharḥ Nukhbah al-fikr, S. 21

[2] Ṣaḥīḥ al-Bukhārī, Ṣaḥīḥ Muslim

[3] Muqaddima: Scharḥ Ṣaḥīḥ Muslim

[4] Aḥad-Überlieferungen sind Überlieferungen, die nur von einzelnen bzw. von einer kleinen Anzahl von Tradenten überliefert wurden.

[5] Fawātiḥ ar-raḥamūt, 2/136

[6] Abū Zahra, Uṣūl al-fiqh, S. 85

[7] Fatḥ al-bārī, 13/234

 

Originalquelle: http://seekershub.org/ans-blog/2009/05/27/establishing-matters-of-aqidah...