Datum: 
20.12.2015

Freude über die Geburt des Propheten (Allah segne ihn und schenke ihm Heil): Die Überlieferung über Abu Lahab

Beantwortet von Sidi Abdullah Anik Misra

 

Frage: Könnten Sie uns ein wenig über den Hadith (prophetische Überlieferung) aufklären, welcher in etwa besagt, dass Abu Lahabs Strafe an jedem Montag erleichtert wird, weil er sich über die Geburt des Propheten (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) so sehr gefreut hat, dass er einen seiner Sklaven befreite? Ich habe gehört, dass die Überlieferung in al-Bukhari steht, doch anderswo habe ich gelesen, dass sie nicht sahih (authentisch) sei. Das hat mich ziemlich durcheinander gebracht. InshaAllah können Sie eine Erklärung mit uns teilen.
 

Antwort: Wa ‘alaykum as-Salam,

vielen Dank für deine Frage.

Der Hadith, von dem die Rede ist, ist definitiv unumstritten authentisch (sahih) und im Werk Sahih al-Bukhari zu finden.

‘Urwah Ibn al-Zubayr überlieferte einen langen Hadith und erwähnte Thuwayba, die erste Amme unseres geliebten Propheten (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) und Sklavin seines grausamen Onkels Abu Lahab. ‘Urwah fügt am Ende seiner Überlieferung eine Bemerkung an, welche lautet:

„Und Thuwayba war die befreite Sklavin Abu Lahabs. Abu Lahab befreite sie, woraufhin sie den Propheten (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) stillte. Als Abu Lahab schließlich [im Unglauben] starb, erschien er [im Traum] eines seiner Familienmitglieder im erbärmlichsten Zustand, und so sagte er [der Verwandte – sie sagen es war ‘Abbas] zu ihm: ‚Was kam [nach dem Tod] auf dich zu?‘ Abu Lahab antwortete: ‚Ich habe keine Ruhe gefunden, seit ich von euch gegangen bin, außer dass ich so viel zu Trinken bekomme (er deutete eine kleine Menge mit Daumen und Zeigefinger an), weil ich Thuwayba befreite.‘“ (Sahih al-Bukhari)

Am Tag der Geburt des Propheten (Allah segne ihn und schenke ihm Heil), eilte Thuwayba voller Freude zu ihrem Besitzer Abu Lahab und sagte: „Hast du es schon gehört?! Aminah hat soeben den Sohn deines Bruders Abdullah zur Welt gebracht!“ Da es der Brauch der Araber war, nach dem Erhalt einer erfreulichen Nachricht Großzügigkeit zu zeigen, und da dies der Sohn (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) seines kürzlich verstorbenen Bruders war, machte Abu Lahab eine Geste mit Zeigefinger und Daumen und sagte zu Thuwayba: „Geh, denn du bist frei.“ Dafür wird ihm die Strafe im Jenseits durch einen kleinen Schluck Wasser verringert, welcher der Menge entspricht, die man zwischen der Haut am Ende des Daumens und dem Zeigefinger halten kann. (Musannaf von ‘Abdur-Razzaq)

Da dieser Teil des Hadiths die Überlieferungskette zwischen ‘Urwah und der Person, die den Traum gesehen hat, nicht erwähnt, sagen manche, dass die Überlieferung automatisch fragwürdig und damit zu vernachlässigen sei; denn einige Gelehrte gehen davon aus, dass ‘Abbas den Traum sah und ‘Urwah erst 6 Jahre alt war, als dieser starb. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ‘Urwah die Überlieferung niemals mit einer authentischen Kette gehört haben konnte oder dass das Ereignis gänzlich vernachlässigt oder gar als unwahr abgetan werden sollte. ‘Urwah, welcher einer der sieben bedeutendsten Rechtsgelehrten seiner Zeit war, hätte diesen Teil der Überlieferung nicht hinzugefügt, wenn er sich ihrer Authentizität nicht bewusst gewesen wäre.

Ibn Hajr, al-‘Ayni und al-Qastalani haben bei ihren Analysen des Hadiths in ihren Kommentaren zu al-Bukhari kein einziges Mal in Frage gestellt, ob sich der Vorfall tatsächlich ereignet hat oder nicht, sondern nur, ob diese Überlieferung als Beweis dafür verstanden werden kann, dass ein Ungläubiger nach dem Tod für gute Taten belohnt werden kann. Sie sagten, dass falls ein eventuell fehlendes Glied in der Überlieferungskette angenommen würde, so wäre dies nicht ausreichend stark, um ein fest etabliertes Urteil zu ändern; jedoch sagten sie auch, dass die Überlieferung vollständig und akzeptabel sein könnte. Doch selbst dann könnte ein Traum nicht als Beweis verwendet werden, um ein Urteil zu ändern oder gar zu erwirken – besonders dann, wenn es, wie in diesem Fall, im Widerspruch zu einem Qur'anvers steht. Letztlich kamen sie alle zu dem Schluss, dass diese Erleichterung der Strafe eine Ausnahme für Abu Lahab war, ähnlich der Ausnahme, die für Abu Talib gemacht wurde.

Ibn Hajr beendet seine Analyse, indem er sagt: „Ich halte fest: Der Schluss dieser Diskussion lautet, dass die oben erwähnte göttliche Gnade aus Allahs Großzügigkeit heraus für diejenigen unter den Ungläubigen eintreten kann, die ihm (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) gegenüber eine Wohltat und Ähnliches erwiesen haben. Und Allah weiß es am besten.“ (Ibn Hajr in Fath al-Bari)

Wichtig ist es hierbei zu verstehen, dass die Kontroverse um diesen Hadith heutzutage nicht mehr um die Frage kreist, ob Kuffār im Jenseits allgemein für gute Taten belohnt werden oder nicht, sondern ob es eine Belohnung dafür gibt, die Geburt des Propheten (Allah segne ihn und schenke ihm Heil) zu feiern und seine Freude darüber auszudrücken.

Um dies zu widerlegen haben Leute in der heutigen Zeit diesen Hadith kritisiert, obwohl sie in anderen Fällen alles strikt befolgen, was in al-Bukhari überliefert ist. Hätte al-Bukhari, dessen Hadith-Sammlung das authentischste islamische Buch nach dem Qur'an ist, nicht erkannt, wenn er einen lückenhaften, auf einen Traum basierenden Bericht ohne jedes Fundament einer so starken, zentralen Überlieferung beifügt, und dies als Einziger der sechs verlässlichsten Hadithsammler tat? Ganz offensichtlich beweist die Tatsache, dass er diesen Bericht miteinbezog, seine Haltung zu ihrer Annehmbarkeit, ihrer Plausibilität und ihrem Potenzial, die Ummah (islamische Gemeinschaft) mit etwas Nutzbringendem zu bereichern – wie auch der Rest seiner Sammlung.

Ibn al-Mulaqqin sagt in seinem Kommentar, dass sowohl al-Bayhaqi als auch al-Baghawi darauf hinweisen, dass diese Überlieferung „von al-Bukhari in seinem Sahih überliefert“ wurde und dass „beide damit meinten: im Haupttext des Hadiths selbst“ – mit anderen Worten: Man verstand daraus, dass die Überlieferung genau wie der längere, unumstritten authentische Hadith beurteilt wurde, von dem sie ein Teil war. Das Ereignis wird seitdem von der Ummah akzeptiert und oft in Sirah-Werken (Prophetenbiographien) wie die von Ibn Kathir und Zayn ad-Din al-‘Iraqi und sogar von Ibn Taymiyya in as-Sarim al-Maslul und Ibn al-Qayyim in Tuhfat al-Mawdud zitiert.

Wäre es davon abgesehen nicht besser, sich auf das Ergebnis von alle dem zu konzentrieren, anstatt die Leute zum Streit anzustacheln? Mit den Worten von Hafiz Nasir ad-Din:

 إذا كـان هــذا كافـرًا جــاء ذمّـه   وتبت يـداه في الجحـيم مخـلدًا

أتى أنّــه في يــوم الاثنين دائــمًا   يخفف عنه للســرور بأحــمدا 

بأحمدَ مسرورًا ومات موحـــدًا   فما الظنّ بالعبدِ الذي طول عمره 

„Wenn dieser Leugner da sogar, welcher im Koran geweiht

Dem Verderben in der Hölle bis in alle Ewigkeit,

Jeden Montag von der Strafe um ein Schlückchen wird befreit,

Weil am Tag, da Ahmad ward, er seine Freude hat gezeigt;

Wie erst steht’s dann um den Diener, der im Leben jederzeit

Über Ahmad Freude spürte und verstarb mit Frömmigkeit?“

(zitiert nach az-Zurqani in seinem Kommentar zu al-Qastallanis al-Mawahib al-Ladunniyyah)
 

Wa's-Salam

Abdullah Anik Misra
 

Überprüft und bestätigt von Faraz Rabbani.

 

Originalquelle: http://seekershub.org/ans-blog/2010/04/20/joy-at-the-birth-of-the-prophe...