Datum: 
10.12.2015
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Die Dreifaltigkeit

Eine Perspektive aus muslimischer Sicht
(Text eines Unterrichts an eine Gruppe Christen in Oxford, 1996)

Verfasser: Abdul-Hakim Murad

Es gibt eine Reihe von Schwierigkeiten dabei, das muslimische Verständnis bezüglich der Dreifaltigkeit darzustellen – nicht zuletzt deshalb, weil die muslimischen Zugänge zu diesem Thema faktisch fast so unterschiedlich sind wie die unter christlichen Gelehrten selbst. Es ist wahr, dass mittelalterliche Muslime mehr über die christliche Doktrin wussten als die kirchlichen Gelehrten über den Islam, da offensichtlich muslimische Gesellschaften christliche, gebildete Minderheiten hatten, mit denen man debattieren konnte – etwas, was man von den meisten christlichen Gesellschaften nicht behaupten konnte. Der muslimisch-christliche Dialog, eine Neuheit in der westlichen Welt, hat eine lange Geschichte im Mittleren Osten, die mindestens bis zu den freundlichen Debatten zwischen St. Johann von Damaskus und den muslimischen Gelehrten Syriens des 7. Jahrhunderts n. Chr. zurückreicht. Und trotzdem, wenn man sich die Werke unserer Theologen durchliest, kommt man zu dem Schluss, dass sie die Dreifaltigkeit nie auf den Punkt brachten. Ihre Analysen sind grundsätzlich nicht auf Bildungsmangel zurückzuführen, sondern auf die ungenügend vorhandene Vertrautheit mit der Komplexität der scholastischen oder östlichen Dreifaltigkeitsdenkweise. Sehr oft kämpften sie gegen Windmühlen.

Meiner Meinung nach gab es dafür zwei Gründe: Erstens war die Dreifaltigkeitslehre der berühmt-berüchtigte Streitpunkt zwischen dem Christentum und Islam und wurde daher mit feuriger Leidenschaft diskutiert. Für den prämodernen Muslim waren christliche Invasoren, Kreuzritter, Inquisitoren und der Rest primär damit beschäftigt, die Doktrin der Dreifaltigkeit ihren unglückseligen muslimischen Feinden aufzudrängen. Selbst heute erinnern sich Muslime in Russland daran, als Ivan der Schreckliche Kazan einnahm, die Hauptstadt der Wolga-Muslime, und der Bevölkerung versprach, sie könnten dem Schwert entkommen, wenn sie „mit ihm die meist gesegnete Dreifaltigkeit von Generation zu Generation loben.“ Selbst heute noch verwenden serbische Paramilitärs in Bosnien und Herzegowina die Drei-Finger-Begrüßung als eine Geste der Todesverachtung gegen ihre muslimischen Feinde, und so weiter.

Ein großer Teil der Theologisierung über die Dreifaltigkeit seitens der Muslime fand daher in einem sehr polemischen Kontext von Angst und sehr oft auch Hass statt: Die Dreifaltigkeit als das Symbol des unbekannten, aber gewalttätigen Anderen schlechthin, das auf den barbarischen nördlichen Stränden des Mittelmeeres lauert – die Vorstellung jeglicher Art dämonischer Boshaftigkeit und Grausamkeit.

Zu dieser Verzerrung muss man meiner Meinung nach einige Probleme betrachten, welche die Dreifaltigkeit mit sich bringt. Der Islam hat, obwohl er sehr große Denker hervorgebracht hat, nichtsdestotrotz weniger erkenntnistheoretische Eier in den theologischen Korb gelegt als das Christentum. Wenn man sich muslimische Vorstellungen der Dreifaltigkeit durchliest, kommt man nicht darum herum zu erkennen, dass ein gewisser Hauch von ‚Ungeduld‘ existiert. Eine der Tugenden semitischen Bewusstseins ist die Überzeugung, dass die ultimative Wahrheit ultimativ einfach sein muss, und die nicänische Rede über eine Gottheit mit drei Personen, von der eine zwei Gestalten besitzt, die aber alle zusammen zu einer authentischen Einheit reduziert werden könnten, abgesehen vom rational zweifelhaften, scheint intuitiv falsch. In Bezug auf Gott, der letztendliche Ursprung allen Seins, ist es sicherlich nicht plausibel, so kompliziert zu sein.

Diese zwei Hindernisse für ein korrektes Verständnis der Dreifaltigkeit bestehen bis zu einem gewissen Grad bis heute. Aber auch ein neues Hindernis ist etwa in den letzten hundert Jahren aufgetreten, in denen der alte westlich-christliche Konsens – der schon immer ein sehr gebrechlicher war – darüber, was Dreifaltigkeit bedeutet, unter vielen seriösen christlichen Gelehrten immer mehr in die Brüche gegangen ist. Angesichts der unglaublichen Menge von christlich-theologischem Output fällt es Muslimen mitunter schwer zu erkennen, wie die meisten Christen die Dreifaltigkeit verstehen. Unsere Erfahrung zeigt auch, dass Christen eher dazu neigen, lieber andere Themen zu besprechen; wir schließen daraus oft, dass die trinitarische Theologie in ihren unterschiedlichen Aspekten vielen unangenehm ist.

Was ich nun versuchen werde ist, als Muslim mein eigenes Verständnis über die Dreifaltigkeitslehre darzulegen. Ich beginne damit, den offensichtlichen Punkt anzusprechen, dass nämlich in diesem Bereich sehr viel für das historisch-orthodoxe Christentum auf dem Spiel steht. Die fundamentale Doktrin der Dreifaltigkeit macht keinen Sinn, solange die Doktrin der Menschwerdung und Sühne nicht ebenfalls akzeptiert wird. St. Anselm zeigte in seinem Cur Deus Homo auf, dass das Konzept der Sühne verlangt, dass Christus Gott sein muss, da nur ein unendliches Opfer das grenzenlose Übel der Menschheit sühnen kann, die in St. Augustins Worten aufgrund Adams Ursünde eine massa damnata (eine verdammte Masse) war. Jesus von Nazareth war daher der menschgewordene Gott, der auf Erden ging, unterschieden von Gott dem Vater, der in den Himmeln weilte und unsere Gebete erhörte. Daher wurde es notwendig, von Gott als mindestens zwei in einem zu denken, der als unterschiedliche Einheiten zumindest für eine Weile auf der Erde und im Himmel existierte. Im frühen Christentum glaubte man, dass Logos, die Christ-Seele, als eine göttliche Präsenz im menschlichen Leben aktiv war, mit der Zeit jedoch wurde sie als dritte Person vergegenständlicht, und somit war die Dreifaltigkeit geboren. Ohne Zweifel wurde dieser Prozess durch die triadischen Glaubenslehren, die zu dieser Zeit durch die Lüfte des Nahen Ostens schwebten, geformt, und viele beinhalteten eine göttliche Sühnefigur.

Wenn ich nun die Beweise für diesen Prozess betrachte, dann muss ich zugeben, dass ich kein Bibelgelehrter bin, der mit glanzvollem Aufgebot an philologischen Qualifikationen ausgestattet ist, die von so vielen anderen eingesetzt werden. Aber es scheint mir so, dass es einen Konsens unter seriösen Historikern geben mag, der vor allem unter Personen wie Prof. Geza Vemres von Oxford zu finden ist, dass Jesus von Nazareth selbst nie daran glaubte oder lehrte, eine zweite Person einer göttlichen Dreifaltigkeit zu sein. Wir wissen, dass er sich über Gott als einen göttlichen und liebenden Vater stark bewusst war, und dass er sein geistliches Amt dafür widmete, das bevorstehende Königreich Gottes zu verkünden und zu erklären, wie sich die Menschen in Vorbereitung auf diese bedeutende Zeit selbst umwandeln könnten. Er glaubte daran, der Messias zu sein und der ‚Menschensohn‘, der von Propheten vorausgesagt wurde. Durch die Studien des Judentums des ersten Jahrhunderts – seit Kurzem durch die Entdeckungen der Qumran-Schriftrollen zugänglich gemacht – wissen wir, dass keine dieser Bezeichnungen Göttlichkeit impliziert: Sie verweisen lediglich auf gereinigte Diener Gottes.

Der Begriff ‚Gottes Sohn‘, im patristischen und mittelalterlichen Denken oft angerufen, um die Doktrin der Göttlichkeit Jesu zu stützen, war im Grunde nicht überzeugend: Im Alten Testament und im weiteren nahöstlichen Gebrauch konnte dieser auch auf Könige, Pharaonen, Wunderheiler und andere angewandt werden. Doch als der hl. Paulus seine Version der christlichen Botschaft jenseits jüdischer Grenzlinien in die heidnische Welt hinaustrug, wurde das Bild der Sohnschaft Christi metaphysisch und nicht metaphorisch interpretiert. Die sich daraus ergebende Geschichte von Kontroversen, Kirchenbann und politischen Interventionen ist komplex. Eindeutig ist aber, dass der hellenisierte Christus, der in einer Form eine Substanz mit Gott bildete, und in anderer eine mit der Menschheit, keine signifikante Ähnlichkeit mehr mit dem asketischen Propheten hatte, der gut drei Jahrhunderte zuvor durch die Straßen von Galiläa wanderte.

Aus muslimischer Sicht stellt diese De-Semitisierung Jesu eine Katastrophe dar. Drei Jahrhunderte nach Nicäa stellt der Koran fest: «Al-Masīḥ, der Sohn Maryams, war doch nur ein Gesandter, vor dem bereits Gesandte vorübergegangen waren. Und seine Mutter war sehr wahrheitsliebend; sie (beide) pflegten Speise zu essen. Schau, wie Wir ihnen die Zeichen klar machen, und schau, wie sie sich abwendig machen lassen!» (Al-Māʾida, 5:75)

Und wieder: «O Leute der Schrift, übertreibt nicht in eurer Religion und sagt gegen Allāh nur die Wahrheit aus! Al-Masīḥ ʿĪsā, der Sohn Maryams, ist nur Allāhs Gesandter und Sein Wort, das Er Maryam entbot, und Geist von Ihm. Darum glaubt an Allāh und Seine Gesandten und sagt nicht ‹Drei›. Hört auf (damit), das ist besser für euch! Allāh ist nur ein Einziger Gott. Preis sei Ihm (und Erhaben ist Er darüber), daß Er ein Kind haben sollte! Ihm gehört (alles), was in den Himmeln und was auf der Erde ist, und Allāh genügt als Sachwalter. Al-Masīḥ wird es nicht verschmähen, ein Diener Allāhs zu sein, auch nicht die (Allāh) nahegestellten Engel. Wer es aber verschmäht, Ihm zu dienen, und sich hochmütig verhält –, so wird Er sie alle zu Sich versammeln.» (An-Nisāʾ, 4:171-172)

Der hier gebrauchte koranische Begriff für „Übertreibung“, „ghulūw“, wurde ein standardisierter Begriff in muslimischer Häresie für jegliche Tendenzen, muslimisch oder anderweitig, die einer geehrten und charismatischen Person Göttlichkeit zusprachen. Uns wird berichtet, dass zu Lebzeiten des Schwiegersohnes des Propheten, – Allah segne ihn und schenke ihm Heil – Ali, einige wenige seiner hingebungsvollen Befolger aus dem Irak, wo hellenistische und heidnische Kulturen den Hintergrund vieler Konvertiten formten, ihn als Gott bezeichneten oder als die Verkörperung göttlicher Inkarnation (ḥulūl). Diese Behauptung irritierte Ali natürlich grundlegend, und er verbannte diejenigen, die dies behaupteten, aus seinem Sichtfeld; jedoch beinhalten bis heute kleine islamische Sekten wie die Kizilbasch aus der Türkei oder die Alawiten aus den syrischen Bergen diese esoterische Kosmologie, die besagt, dass Gott in Ali verkörpert wurde und danach in seiner Nachkommenschaft, der Abfolge der Imame.

Der Mainstream-Islam unterlag nie dieser Versuchung, trotz seiner schnellen Ausbreitung über nicht-semitische Bevölkerungen. Das bekannteste von allen hingebungsvollen Gedichten über den Propheten Muḥammad – Friede sei mit ihm – die berühmte Qasida Burda von al-Būṣīrī definiert die Grenzen der annehmbaren Verehrung:

„Verleugne, was die Christen über ihren Propheten behaupten,

Und dann lobpreise ihn wie du willst und mit all deinem Herzen,

Und obwohl er von menschlicher Natur war,

War er ausnahmslos der beste der Menschheit.“

Einige Jahre zuvor fasste der Theologe aus dem 12. Jahrhundert, al-Ghazzālī, die Gefahren von ‚ghulūw‘ zusammen, als er schrieb, dass die Christen so vom göttlichen Licht, das im spiegelähnlichen Herzen Jesu reflektiert wurde, benommen waren, dass sie den Spiegel für das Licht selbst hielten und anfingen, es anzubeten. Aber was Jesus passierte, war nicht kategorisch unterschiedlich zu dem, was jedem passieren kann, dessen menschliche Seele sich durch Reinigung in die Sphären der Heiligkeit begibt. Die Präsenz göttlichen Lichtes im Herz Jesu beinhaltet logischerweise keine Doktrin von einer ursprünglichen Existenz Jesu als eine Hypostase in göttlicher Dreifaltigkeit.

Es gibt andere Andeutungen trinitärer Doktrin, mit denen Muslime sich auseinandersetzen. Vielleicht sollte man unsere Bedenken kurz erwähnen, wenn es um die Doktrin der Sühne geht, die impliziert, dass Gott uns nur dann wirklich vergeben kann, wenn Jesus unsere gerechte Strafe durch den Tod am Kreuz erträgt.

John Hick meinte, dass „eine Vergebung, die durch die volle Bezahlung moralischer Schulden gekauft werden muss, im Grunde gar keine Vergebung ist.“

Folgerichtiger ist natürlich die Lehre Jesu selbst in der Parabel des verlorenen Sohnes, der volle Vergebung von seinem Vater erfährt, – trotz der Abwesenheit eines Blutopfers – um seinen Gerechtigkeitssinn zu befriedigen. Das Vaterunser, diese ausgezeichnete Bitte um Vergebung, impliziert nirgendwo das Bedürfnis nach Sühne oder Loskauf.

Jesu eigene Doktrin über die Vergebung Gottes, wie sie in den Evangelien geschrieben steht, ist faktisch gänzlich in islamische Konzepte oder die des Alten Testaments eingliederbar. „Gott kann alle Sünden vergeben“ besagt der Koran. Und in einem sehr bekannten Hadith des Propheten wird uns gesagt: „Am Tage des Jüngsten Gerichts wird ein Vorbote unter den Engeln über dem Throne (Gottes Wort) verkünden und sagen: ‚Oh Gemeinde Muḥammads! Alles, was ihr Mir schuldig gewesen wart, vergebe Ich euch, und nur das Recht, welches ihr einander schuldet, bleibt über. Also vergibt einander und geht ins Paradies dank Meiner Gnade ein!‘“

Und in einer berühmten Überlieferung heißt es: Es wird berichtet, dass einst ein Junge an einem heißen Sommertag in der Sonne stand. Eine Frau, die von Menschen verdeckt war, sah ihn und näherte sich ihm energisch, bis sie ihn erfasste und an ihre Brust drückte. Sie drehte sich mit ihrem Rücken zum Tal, um die Sonne von dem Jungen abzuwenden und sagte „Mein Sohn, mein Sohn!“ Aufgrund dieses Geschehens weinten die Menschen und wurden von allem abgelenkt, was sie taten. Daraufhin kam der Prophet – Friede sei mit ihm – zu ihnen und sie erzählten ihm, was passiert war, wobei er sich freute, ihr Mitgefühl zu sehen. Er verkündete ihnen eine erfreuliche Nachricht, als er sie fragte: „Wundert ihr euch nicht über die Barmherzigkeit dieser Frau für ihren Sohn?“ und sie antworteten: „Ja“. Und er sagte darauf: „Wahrlich, Gott der Erhabene wird viel mehr Barmherzigkeit euch gegenüber haben als diese Frau ihrem Sohn gegenüber.“ Daraufhin gingen die Muslime in größter innerer Freude ihres Weges.

Derselbe Hadith präsentiert eine interessante Eigenschaft muslimischer Konzepte bezüglich göttlicher Vergebung, nämlich den offensichtlich ‚mütterlichen‘ Aspekt. Der Begriff eines erbarmungsvollen und liebenden Gottes, der in diesen Überlieferungen benutzt wird, ar-Raḥmān, wurde vom Propheten selbst so erklärt, dass es sich vom Wort raḥim, Mutterleib, ableitet. Einige neuere muslimische Ansichten sehen in diesem – mehr oder minder korrekt, wie ich denke – eine Erinnerung daran, dass Gott Eigenschaften hat, die man metaphorisch mit einem ‚femininen, mütterlichen‘ Charakter assoziieren kann, genauso wie der mehr ‚maskuline Charakter‘ eher Kraft und unerbittliche Gerechtigkeit voraussetzt. Diesen Punkt nehmen unsere Theologen erst seit Kurzem auf.

In diesem Kontext würde es den Rahmen sprengen, diese Angelegenheit vollständig zu durchleuchten, aber es herrscht eine deutliche und interessante Annäherung zwischen der Christologie der feministischen Theologen wie Rosemary Reuther und der der Muslime.

In einer neueren Studie bestätigt der jordanische Theologe Hasan al-Saqqaf den orthodoxen Glauben, dass Gott über Geschlechtskategorien erhaben ist und nicht als männlich oder weiblich beschrieben werden kann, obwohl sich Seine Attribute sowohl in männlichen als auch in weiblichen Eigenschaften manifestieren, und keine davon scheint zu überwiegen. Dieses geschlechtsneutrale Verständnis von Gott zeigt sich in Karen Armstrongs Betrachtungen über den Islam und wird von anderen feministischen Denkern ebenfalls aufgegriffen. Maura O'Neill schreibt zum Beispiel in einem Buch, dass „Muslime keinen maskulinen Gott als entweder bewusstes oder unbewusstes Werkzeug in der Herstellung von Geschlechterrollen benutzen.“

Eine von Reuthers eigenen Einwänden gegenüber der Dreifaltigkeit, abgesehen von ihren lückenhaften historischen und biblischen Grundlagen, ist die emphatische Zuschreibung des männlichen Geschlechts zu Gott. Es mag übertrieben sein oder auch nicht, wenn sie dieser Zuschreibung die Hauptschuld für die erlittenen Ungerechtigkeiten gegenüber christlichen Frauen durch die Geschichte hindurch zuschiebt. Es ist aber sicherlich begründet anzunehmen, dass die männlich dominierte Dreifaltigkeit Frauen marginalisiert und dass sie davon ausgeht, dass es der Mann ist, der nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde, während hingegen die Frau als ein geändertes und weniger theomorphisches Modell von ihm gilt.

Teilweise aufgrund ihres Einflusses hat die amerikanisch-protestantische Liturgie vermehrt versucht, die Dreifaltigkeit zu demaskulinisieren, ja sogar Wörterbücher beziehen sich auf Gott nun als ‚Vater und Mutter‘. Das Wort für Christus' Beziehung zu Gott ist nicht mehr ‚Sohn‘, sondern ‚Kind‘. Und das geht so weiter, oft bis zu dem Punkt von Absurdität oder offener doktrinärer Verunstaltung.

In Großbritannien wurde der feministische Stier bei den Hörnern gepackt, als die BBC Study Commission 1989 ihren „Bericht zur trinären Doktrin heute“ veröffentlichte. Die Antwort der BBC Study Commission lautete wie folgt:

„Das Wort Vater soll apophatisch ausgelegt werden, d. h. durch ein explizites ‚Wegdenken‘ von unangemessenen Konnonationen – und in diesem Kontext ist das Maskuline gemeint – dieser Bezeichnung. Was bleibt, ist die Orientierung an dem Menschsein, ein Sein im Zusammenhang, das den Ursprung in einem persönlichen Sinne beinhaltet, nicht aber ‚Männlichkeit‘.“

Man muss dazu sagen, dass diese Herangehensweise nicht zufriedenstellend ist. Das Konzept der Vaterschaft, entrissen all seiner männlichen Eigenschaften, ist überhaupt keine Vaterschaft. Es ist nicht einmal Elternschaft, da Eltern nur zwei Modalitäten haben. Die Verantwortlichen der o. g. Studie nehmen – herausgefordert von der unmöglichen trinären Doktrin – einfach an den neuesten exegetischen Manövern teil, die sich, wie es John Biddle, der Vater des Unitarismus, ausdrückte „mehr für Zauberer als für Christen eignen“.

Der letzte Punkt, der mir dazu einfällt, ist der, dass man in der Dreifaltigkeitslehre, die in den ihr gewidmeten Bänden von Aquin unglaublich detailliert ausgearbeitet wurde, viel zu stark versucht, über die innere Natur Gottes zu mutmaßen.

Ich habe früher erwähnt, dass der Islam, historisch betrachtet, skeptischer gegenüber der philosophischen Theorie als einen Weg zu Gott war als das Christentum. Tatsächlich wurde die göttliche Einheit von Muslimen durch zwei überrationale Quellen bestätigt: Die Offenbarung des Koran und die vereinenden Erfahrungen von Mystikern und Heiligen. Dass Gott schließlich Einer ist und unteilbar, ist das Ergebnis von jeder Art höherer Mystik, und der Islam als ein Glaube göttlicher Einheit par excellence hat den Glauben mit mystischen Erfahrungen sehr eng verknüpft.

Ein bosnischer Mystiker des 18. Jahrhunderts, Hasan Kaimi, hat dies in einem Gedicht ausgedrückt, das bis heute von den Menschen in Sarajevo gesungen und geliebt wird:

 

„O Sucher der Wahrheit, es ist das Auge des Herzens, das du öffnen musst,

Erkenne die Göttliche Einheit heut', durch den Weg der Liebe zu Ihm,

Wenn du entgegnest: ‚Ich warte auf meinen Geist, um Sein Wesen zu umfangen‘,

Erkenne die göttliche Einheit heut', durch den Weg der Liebe zu Ihm,

Willst du das Antlitz Gottes sehen,

Ergib' dich Ihm und rufe Ihn mit Seinen Namen an,

Wenn deine Seele sauber ist, wird ein Licht von wahrer Freude strahlen.

Erkenne die Göttliche Einheit heut', durch den Weg der Liebe zu Ihm.“

 

Originalquelle: http://www.masud.co.uk/ISLAM/ahm/trinity.htm

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